Wie wird man eigentlich Ride-Leader? Und was macht so jemand? Bekommt der von Zwift einfach ein gelbes Symbol auf den Kopf gedrückt (sogenanntes „Beacon“) oder steckt mehr dahinter? Gern wollen wir Euch einmal näherbringen, wie man Ride-Leader wird und wie wir eine solche Gruppenfahrt als Leader vorbereiten.

Frage 1: Wie wird man Ride-Leader?

Im Rahmen eines Meetups kann jeder als Veranstalter des Meetups die Leader-Rolle übernehmen. Allerdings eben nur für das Meetup, zu dem die Teilnehmer explizit einzuladen sind. Um als Leader einer offiziellen Zwift Gruppenfahrt auftreten zu können, bedarf es einiger Schritte vorab: Es gilt zunächst, einen Club zu finden, der in Zwift registriert ist und Kontakt zum Eigentümer aufzunehmen. Der Eigentümer trägt einen dann bei dem entsprechenden Zwift Event als Leader ein. Das kann leider nur der Club Eigentümer, so dass dieser eine Menge zu tun hat, wenn entsprechend viele Gruppenfahrten veranstaltet werden. Da wir als ZRG sieben Gruppenfahrten pro Woche anbieten, ist das schon ein aufwendiger Job. Wenn man als Leader für eine Gruppenfahrt eingetragen wurde und sich dann an den Start begibt, bekommt man von Zwift sogar eine kleine VIPBehandlung: Egal, wann man in die Startaufstellung kommt, man steht immer direkt an der Startlinie. Zusätzlich stehen dem Leader auch die Fence-Optionen zur Verfügung, wenn der Fence vom Eigentümer eingeschaltet wurde. Und als Einziger im Feld kann der Leader auch die sogenannten „Massen-Ride-Ons“ während des Events vergeben.

Frage 2: Welche Aufgaben hat ein Ride-Leader?

In erster Linie: für Unterhaltung sorgen. In zweiter Linie: die vorgegebene Leistungsgrenze einhalten. Der erste Punkt klingt noch simpel, gilt es doch, die Truppe bei Laune zu halten und von der eigentlichen Belastung abzulenken, damit jeder das Gefühl hat, „ja, ich habe mich sportlich betätigt, aber ich habe auch ordentlich Spaß dabei gehabt!“. Der zweite Punkt ist dann schon herausfordernder. Jeder Leader muss sich vor Augen halten, dass man es niemals JEDEM Teilnehmenden recht machen kann. Es wird immer Teilnehmende geben, denen es zu schnell, zu langsam, zu stark oder zu schwach vorangeht. Hier sollte man sehr sensibel reagieren und versuchen, die Hintergründe der Unterschiede aufzuzeigen. Das setzt natürlich eine gewisse Erfahrung auf Zwift voraus. Dass eben Gewicht, Windschatten, die Wahl des Rads und weitere Faktoren eine Rolle spielen. Es gilt aber immer: Sachlich und freundlich reagieren, auch wenn es mal zu emotionalen Reaktionen bei einigen Teilnehmenden kommt. Gerade Einsteigern ist nicht immer ganz ersichtlich, wo das eigentliche Problem liegt und neigen manchmal dazu, das Problem in der schlechten Führungsarbeit des Leaders oder der Geschwindigkeit der Gruppe zu suchen. Unser Edelhelfer Roman hat in diesem Beitrag das Problem mal etwas genauer erörtert: Edelhelfer Beitrag auf ZRG

Der Leader übernimmt letztlich auch die Aufgabe eines „Pace Makers“, der dafür sorgt, dass die Teilnehmenden sich in der angegebenen Leistungskategorie bewegen können. Absolute Geschwindigkeitsangaben sind hier kontraproduktiv, da die Geschwindigkeit immer von der Größe der Gruppe (Stichwort: Windschatten) sowie der Topologie der Strecke abhängig ist. 200 Watt absolut auf dem flachen Kurs von Tempus Fugit bedeuten eben eine deutlich höhere Geschwindigkeit in einer Gruppe als beispielsweise auf Tick Tock, wo der Titans Grove KOM bezwungen werden will. Dabei wird vom Leader mehr verlangt, als einfach einen vorgegebenen Wattwert im ERG-Modus abzuspulen. Je schneller der Ride ist, desto mehr muss der Leader auch situativ seine Geschwindigkeit anpassen und eventuell das Tempo auch mal unter den Vorgabewert drosseln, bzw. für einen kurzen Moment das Tempo etwas steigern. Ein guter Leader benötigt daher auch etwas Zwifterfahrung und Streckenkenntnis.

Frage 3: Wie sehen Vorbereitung und Durchführung aus?

Nachdem der Eigentümer das Event bei Zwift registriert hat, gilt es den oder die zu finden, der oder die diese Fahrt leitet. Wir setzen hier ein von uns entwickeltes Buchungssystem ein, wo alle Leader eintragen, welche Gruppenfahrt sie übernehmen können. Dazu wählen sie dann die entsprechende Welt und die entsprechende Strecke aus. Bei der Streckenwahl gibt es natürlich viele persönliche Präferenzen: Die einen sind lieber flach unterwegs, wiederum andere mögen eher wellige Strecken. Und dann gibt es noch die, für die es nicht steil genug sein kann. Als Leader muss man sich aber immer bewusst sein, dass es darum geht, eine Fahrt zu FÜHREN und nicht zu BEGLEITEN. Bedeutet: Je mehr die Gruppe zusammenbleibt, desto schneller wird sie (was viele Teilnehmer als angenehm empfinden) und desto mehr Spaß ist auch dabei. Weil man eben nicht

allein fährt. Damit Zwift weiß, welcher der Teilnehmenden den gelben, drehenden Beacon auf den Helm bekommt, bedient sich die Software einer Leaderliste, die vom Eigentümer gepflegt wird. Wer auf dieser Liste oben steht und teilnimmt, bekommt den Beacon aufgesetzt und ist Leader. Dieser Beacon ist dann auch auf der Minimap gut zu sehen.

So, das Event ist eingetragen, der Leader registriert. Und nun? Nun geht die eigentliche Arbeit des Leaders erst los: Die Vorbereitung der Fahrt. Da hier jeder Leader seine eigene Herangehensweise hat, schildere ich im Folgenden meine persönliche Vorbereitung:

Da es gilt, als Leader eine Verbindung zu den Teilnehmenden aufzubauen, überlegt man sich zuerst ein paar Fragen, die die Strampelnden direkt ansprechen: Wie war Eure Woche? Habt Ihr am Rennen XYteilgenommen und wenn ja, wie ist es gelaufen? Sehr gern werden auch mal HR (Heartrate / Herzfrequenz) Werte angefragt, die man dann thematisieren und vielleicht auch mal in witzige Beiträge verwandeln kann. Auch Fragen zu Zwift Level oder nach dem Alter (z.B. um den „Senior President“ zu küren) kommen immer gut an. Die Beteiligung bei solchen Fragen ist grundsätzlich sehr hoch und sorgt auch für Gesprächsstoff innerhalb der Teilnehmenden.

Man darf dann auch nicht vergessen, dass es immer wieder Teilnehmende am Event gibt, die das erste Mal dabei sind. Auch die wollen sofort integriert werden. Also einfach mal nachfragen, wer sog. „Firsttimer“ ist und diese auch gebührend begrüßen. Gern auch die Namen im Chat nachlesen und über deren Zwift Profil Ride Ons vergeben.

Neben den Standards gibt es auch Leader, die ihre persönliche Note in eine Gruppenfahrt einbringen: Teils werden Geschichten aus dem Leben erzählt, teils wird ein Musik Quiz veranstaltet. Ich persönlich bereite für jede Fahrt, die ich leite, ein neues Fun Fact Quiz zu einem aktuellen Thema vor. So gab es schon Quiz-Fragen zu den Themen Olympische Spiele, Biersorten, über Deutschland, über Japan, Weihnachten und vieles weiteres mehr. Viele Leader schreiben sich die Fragen auf (Textdokument, Tabelle, …), um während der Fahrt schnell und einfach auf die Texte zugreifen zu können. Schließlich gilt es, während der Fahrt die Leistungsvorgaben kontinuierlich zu überprüfen, auf die Chatnachrichten der Teilnehmenden einzugehen, Streckenhinweise zu geben (wie „es kommt eine Steigung, bitte max. xy Watt/kg“) und im Blick zu behalten, dass die Gruppe möglichst gut zusammenbleibt. Da ist nicht viel Freiraum für andere Sachen.

Ich persönlich nutze eine Tabelle, in der ich eine Menge vordefinierter Texte auf Deutsch und Englisch habe, da ich alle Teilnehmenden einbeziehen möchte. Die einen sprechen kein Englisch, die anderen kein Deutsch. Vordefiniert sind zu einem die Event-Informationen, die in der Startaufstellung und auch direkt nach dem Start noch einmal bekanntgegeben werden (welches Rad, Late-Join Möglichkeiten, Leistungsvorgaben etc). Und es sind die Quiz-Fragen, die ebenfalls zweisprachig abgelegt sind. So kann ich während der Fahrt durch einfaches Kopieren und Einfügen schnell Beiträge veröffentlichen im Chat. Einige Leader sind da noch erfindungsreicher und haben sich elektronische Hilfsmittel gebaut, mit denen sie noch einfacher die vordefinierten Texte abrufen können.

Neben den vordefinierten Texten gibt es natürlich auch spontane Beiträge, um z.B. auf Chat Nachrichten der Teilnehmenden zu reagieren. Hier hilft nur ein schneller Finger (gerade bei Zweisprachigkeit). Grundsätzlich habe ich zwei technische Geräte im Einsatz: der Laptop, auf dem Zwift läuft und mir einen Überblick liefert und das Mobiltelefon, über das ich Texte abrufen oder frei gestalten kann. Ich bin mit diesen Aufgaben schon recht ausgelastet, auch da ich bestimmt 90% der Fahrtzeit die Hände nicht am Lenker haben kann, weil ich das Handy bediene. Andere Leader sind da noch umfangreicher im Service und bieten so auch noch einen Discord Channel an, in den sich Teilnehmende einwählen und mitreden können.

Abschlussfrage: Und der Sweeper?

Der Sweeper ist jemand, der Teilnehmenden, die den Windschatten der Gruppe verloren haben, ein Hinterrad anbietet, damit diese wieder zur Gruppe aufschliessen können. Der Sweeper Job ist körperlich sehr viel anstrengender als der des Leaders, da der Sweeper (zu erkennen am ROTEN Beacon Symbol auf dem Helm) eine deutlich höhere Leistung investieren muss, um andere wieder an die Hauptgruppe heranzuführen. Auch die Person, die durch den Sweeper herangefahren wird, muss für diesen Zeitraum deutlich mehr Watt leisten, um wieder zur Gruppe aufzuschließen. Hat der Sweeper den Vorgang abgeschlossen, lässt er sich wieder nach hinten fallen und sammelt die nächsten Fahrer und Fahrerinnen ein.

Das Anmelden es Sweepers ist aber identisch zur Anmeldung eines Leaders: Nur der Club Eigentümer kann den Sweeper für jede einzelne Fahrt bei Zwift registrieren.

Und was kann ich als Teilnehmender beitragen?

Der Leader ist für das Gelingen einer Gruppenfahrt, an der alle Spaß hatten, bei der die Zeit schnell verging und wo die Leistungsvorgaben eingehalten wurden, nur zu einem Teil verantwortlich. Der andere Teil ist von den Teilnehmenden zu leisten. Was bedeutet das konkret? In erster Linie Geduld. Wir sind alle nur Menschen, die in der Freizeit gemeinsam Sport betreiben und Spaß dabei haben wollen. Wenn mal etwas nicht so funktioniert, wie erwartet, nicht gleich harsche Kritik üben. Des weiteren beim Leader bleiben und gute Stimmung verbreiten. Die sogenannten „Flyers“, also die, die eine höhere Leistung als angekündigt treten und damit dem Feld davonfahren, sollten ignoriert werden. Es hat auch etwas mit Respekt dem Veranstalter gegenüber zu tun. Stellt Euch vor, Ihr veranstaltet eine Party und ladet eine Menge Gäste ein. Und freut Euch auf eine schöne Zeit miteinander. Einige Gäste allerdings machen dann ihre eigene Party und sprengen den Rahmen. Würde Euch das gefallen? Sicherlich nicht.

Und sonst? Schaut bitte, dass Ihr die Leistungskategorie berücksichtigt. Es ist frustrierend, wenn man mit der Gruppe nicht mithalten kann. Wir kennen das alle. Der Windschatten ist sehr entscheidend für die Geschwindigkeit und die eigene Leistung. Wenn die Spanne 2.0 – 2.5 Watt/kg angegeben ist, dann kann es gerade für leichte Fahrer:innen auch bedeuten, dass es bis an die 3 Watt/kg heranreicht. Zwift hat seine Algorithmen, die man auch als Leader nicht beeinflussen kann. Und schließlich: Der rote Zaun (Fence) ist nicht nur eine optische Spielerei. Es ist als Hinweis zu sehen, den sozialen Aspekt des Zusammenbleibens zu leben.

Fazit?

Es macht einfach nur Spaß, Gruppen zu führen. Es ist zwar ein Haufen Arbeit, aber die Erfahrung zeigt, dass der größte Anteil der Teilnehmenden es sehr honoriert, wenn eine Fahrt unterhaltsam gestaltet wird. Das Feedback der Teilnehmenden motiviert den Leader immer wieder, neu anzutreten. Daher: Wenn es gut war, sagt es am Ende einer Fahrt öffentlich. Und wenn Ihr Kritik habt, dann teilt das bitte auch dem Leader mit (am liebsten per Direktnachricht in der Companion App). Wir sehen uns bei der nächsten Gruppenfahrt! Ride on!

P.S: Danke an Roman „Edelhelfer“ für die Unterstützung zu diesem Artikel.

Andre Grunow

Über den Autor Andre Grunow

Dem Rennrad Virus seit 2014 verfallen, seit 2015 auf ZWIFT. Dabei aber auch immer wieder draußen zu finden, entweder im Trainingslager auf Mallorca oder aber irgendwo in Deutschland auf schönen Routen unterwegs. Andre ist Genuss-Fahrer, der kaum eine Eisdiele auslassen kann. Eis ist die Hauptenergie zum Fahren. Lieblingsrouten: Auf Mallorca die Mallorca 312 und in Oberitalien Mendel- und Jauffenpass. Seit 2015 auch immer wieder Teilnahmen an Rennrad-Jedermann Rennen. Sportlich schönstes Erlebnis: München – Gardasee nonstop. Sportlich anstrengendstes Erlebnis: 24h ZWIFTen. Schwerpunkt auf ZWIFT: Sprints (aktuelle FTP 339 Watt) mit max. 1.700 Watt.. Aufgrund des Eiskonsums leider nur max 3.9 W/kg.