Der Zubehörmarkt im Bereich E-Cycling boomt. Inzwischen sind sie die Wackelplatten fast nicht mehr wegzudenken. Eine bewegliche Platte unter dem Rollentrainer die das Fahrverhalten deutlich verbessert und die seitliche Beweglichkeit, die man auch auf der Strasse hat, simuliert.

Doch wofür braucht man sie?

Durch die seitliche Bewegung der Platte sitzt man nicht so starr auf dem Rad und es kommt mehr Beweglichkeit ins Spiel. Sitzbeschwerden und Nackenverspannungen werden deutlich reduziert. Das alleine waren für mich persönlich jedoch keine Gründe auf eine Wackelplatte zu setzen. Ich fahre seit mehreren Jahren die Hälfte meiner Einheiten Indoor, im Winter sogar ausschließlich, inzwischen sind 45.000km auf Zwift zusammen gekommen. Im Herbst 2017 sah ich das erste Video einer beweglichen Platte. Man konnte deutlich sehen, dass Sprints mit Wackelplatte sich deutlich „normaler“ anfühlen als auf einem unbeweglichen Rollentrainer. Mir war sofort klar: „Sowas brauchst du auch!“, also habe ich angefangen selber zu basteln und zu forschen was man an Material verwenden könnte.

Die erste Idee war statt einer gelagerten Platte eine Art Wiege zu bauen. Die Platte sollte also nicht mittig gelagert werden sondern über einen Halbkreis kippen. Kurz gesagt, eine Schnappsidee. Während der Fahrt merkte man deutlich das die Platte nicht kippt sondern seitlich abrollt und sich damit die Mittelachse verschiebt. Da der übliche Marktpreis damals aber bei weit über 500€ lag wollte ich nicht aufgeben und habe weiter versucht.

Klar war die Platte muss mittig gelagert sein. Auf der Shoppingliste standen etliche Teile wie Kugellager, Lagerblöcke, Gewindebolzen, Holz, Tennisbälle usw..

Nach 6 Stunden Arbeit stand sie vor mir. Der nächste Versuch einer selbstgebaute Wackelplatte. Was war ich gespannt wie sie sich fährt. Der erste Probelauf war jedoch ernüchternd. Es fühlte sich komisch an und man hatte eher das Gefühl von einer Seite zur anderen Seite zu kippen. Zwar besser als die „Wiegen-Variante“, aber noch nicht optimal.

Im nächsten Schritt wurden dann die Tennisbälle gegen Schläuche aus Schubkarrenrädern getauscht, in der Hoffnung über den Luftdruck die Dämpfung besser beeinflussen zu konnten. Das Fahrgefühl war deutlich besser jedoch musste man ständig Luft nachfüllen. Meist merkte man das erst nach längerer Fahrt, dadurch das man irgendwie schief auf dem Rad saß. Also wieder zurück zu den Tennisbällen und die Vorspannung erhöht, dadurch leidet natürlich die seitliche Bewegungsfreiheit.

Diesen Stand bin ich bis Anfang Dezember 2020 gefahren und war mehr oder weniger zufrieden.

Zeitaufwand: Durch Optimierung und mehrfaches Umbauen sowie zweifache Lackierung rund 30 Stunden, sowie etliche Stunden Diskussionen und Austausch mit anderen Fahrern in der ZRG Facebookgruppe.

Ende November sprach mich dann Frank von Boomboard an das er eine Wackelplatte mit Feder auf den Markt gebracht hat.
FEDERN … ernsthaft?!  Ich musste etwas schmunzeln, schließlich hatte ich 2017 auch schon die Idee statt luftgefüllter Bälle Stahlfedern zu benutzen, aber wie soll man die Härte vernünftig einstellen ohne zig unterschiedliche Federsätze ausprobieren zu müssen. Frank musste sich dann meine Einwände anhören und ich konnte mir nicht so richtig vorstellen, dass dieses Board schlussendlich DAS Board sein soll.

Ziemlich überzeugt von seiner Idee mit den Federn, bot Frank mir an die Platte zu testen. Kurze Zeit später stand also ein Karton mit dem Aufdruck BoomBoard bei mir im Keller.
Noch immer war ich skeptisch ob Federn wirklich die Lösung sein können und ob die Qualität der Platte, welche aktuell für 299€ verkauft wird, so ist das man auch in einigen Jahren Freude dran hat.

Doch nun runter in den Keller und das Boomboard aufgebaut. Hoffentlich rechtzeitig fertig zum ZRG-CC Rennen.
Erster Eindruck sehr hochwertig!

Alle Löcher sind angefast so das die Schrauben vollständig versenkt montiert werden können. Die mittlere Lagerung erfolgt, nicht wie bei meiner DIY-Variante mit Kugellagern, sondern mit hochwertigen Gummi-Metalllagern, welche eine zusätzliche Entkoppelung von Vibrationen auf den Boden ermöglich.
Ideal wenn man unter sich empfindliche Nachbarn wohnen hat.

Aufgebaut war die Platte nach etwas über 30 Minuten und ich war mindesten genau so gespannt wie bei der ersten Probefahrt auf meiner Platte, aber da war ja noch das Thema mit der Federhärte.

Auch hier haben sich die Konstrukteure des BoomBoards was einfallen lassen. Je weiter die Federn von der Mittelachse entfernt sind, desto weniger kippt das Board und fühlt sich fester an. Ich habe mich mit 76Kg für eine mittlere Position entschieden und war überrascht wie stark das Board kippt. Ich muss gestehen die ersten Minuten waren etwas ungewohnt, da mein Board deutlich straffer angestimmt war. Leider, oder zum Glück, fehlte die Zeit die Federn zu versetzen und so ging es mit der mittleren Einstellung in das ZRG-CC Rennen.

Nach gut 1h und 20min voller Schweiß und Anstrengung war klar…verdammt… er hatte Recht!
Es fährt sich verdammt gut! Das Kippverhalten ist deutlich besser und kommt dem Fahrverhalten auf der Strasse sehr nah. Bei der Variante mit den Bällen hatte ich immer das Problem, dass die seitliche Kippbewegung, durch die starke Kompression der Bälle, begrenzt war. Durch die Federn fühlt sich die Kippbewegung deutlich gleichmäßiger an.

 

Zusammenfassend finde ich die Umsetzung und vor allem das Preis-/Leistungsverhältnis sehr gut und kann das BoomBoard jedem empfehlen der regelmässig Indoor trainiert.

Doch eine schlechte Nachricht gibt es natürlich noch, zumindest für Frank. Zurück kriegst du dein BoomBoard nicht 😉

Hier nochmal ein Video im Einsatz:

Quelle: https://www.leezeboomboard.com/

 

Stephan Picker

Über den Autor Stephan Picker

Seit 1990 im Radsport aktiv. Bis 2000 quer durch die Kategorien: MTB, Bahn, Strassenradsport danach nur noch im Strassenradsport. Ab Frühjahr 2015 zusätzlich Indoor Cycling.

Lieblingsrennen: Cyclassics Hamburg
Bevorzugtes Profil: 60-80km flach/wellig gerne mit Sprintankunft.
Jahresleistung: 15-18.000Km